Das Ende des grimmigsten Mannes der NFL-Geschichte? (2024)

Belichick vor Aus bei Patriots Das Ende des grimmigsten Mannes der NFL-Geschichte?

Von David Bedürftig 08.01.2024, 05:38 Uhr

Bill Belichick verliert mit seinen New England Patriots. Wahrscheinlich ein allerletztes Mal. Die Trainer-Legende steht vor dem Aus. Die Zukunft Belichicks wird bald entschieden - und der Mann der Rekorde und Gegensätze gibt sich auf und neben dem Platz grummelig wie eh und je.

Gefeuert wird er wohl nicht einfach. Nicht nach 24 Saisons. Der Mann, der als einer der besten Trainer in der Geschichte der NFL gilt. Bill Belichick, der die New England Patriots zu sechs Super-Bowl-Ringen (Trainer-Rekord) geführt hat. Zu viel hat der 71-Jährige mit dem Klub erreicht, zu tief und emotional ist die Verbindung, zu groß ist der Stolz auf ihn und das gemeinsam Erreichte.

Und doch könnte die bittere 3:17-Pleite der Patriots gegen die New York Jets am Sonntagabend die letzte Partie des Coaches bei dem Team gewesen sein, mit dem er zusammen mit Quarterback-Superstar eine nie zuvor dagewesene Dynastie in der NFL aufgebaut hatte. Denn die aktuelle Realität hat keinen Brady mehr und das Glitzern der Super-Bowl-Ringe ist längst verblasst. Belichick hat in dieser Saison mehr Spiele verloren als in jeder anderen in seiner Karriere und zum ersten Mal seit 2000, seit Beginn seiner Amtszeit bei den Patriots, ist seine Zukunft ungewiss.

Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel sprach ein missmutiger Belichick von einem "enttäuschenden Abschluss" und einem "enttäuschenden Jahr für uns alle". Anschließend sagte er, dass er weitere Fragen zur Partie beantworten werde, aber nicht zu seiner Zukunft. Auf anschließende Fragen, die auf ein mögliches Aus bei den Patriots abzielten, antwortete der Trainer nur immer wieder mit: "Es ist ein enttäuschendes Ergebnis für uns." Er teilte aber mit, dass er es "noch immer mag, die Mannschaft zu trainieren und sie vorzubereiten".

Belichick grimmig wie der Schneesturm

Ein Schneesturm als böses Omen? Zumindest passten Wetter, Spiel und Ergebnis zur miserablen Saison des ehemaligen Meistertrainers. Belichick, der auch berühmt ist für seine an den Ärmeln abgeschnittenen Kapuzenpullover, stand diesmal eingepackt in einer dicken Winterjacke an der Seitenlinie und sah die 13. Niederlage seiner Patriots in diesem Jahr. Die Bilanz der Franchise von 4:13 ist das schlechteste Ergebnis in Belichicks 29-jähriger NFL-Trainerkarriere. Die Pleite war zudem seine 178. als Coach, einschließlich der Playoffs.

Dementsprechend tief vergrub sich das NFL-Urgestein das gesamte Spiel über hinter einer Sturmhaube. Die Miene grimmig wie das Wetter. Das jedoch, ist Normalität bei Belichick, der selbst bei Super-Bowl-Siegen kaum zu lächeln schien. Dachte er schon daran, welchen Erdrutsch die nächsten Tage bringen könnten?

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New England hatte die Jets zuvor 15-mal in Folge besiegt, die letzte Pleite stammte vom 27. Dezember 2015. Doch diesmal sprang gegen die in diesem Jahr ebenfalls schwachen New Yorker nur ein mickriges Field Goal heraus. Woran nicht nur die widrigen Wetterbedingungen schuld waren, sondern eine Leistung, die sinnbildlich für die gesamte Saison steht. Belichicks Team gelang es selten, Drives aufrechtzuerhalten und schaffte am Ende nur 120 Yards. Quarterback Bailey Zappe brachte lediglich 12 von 30 Pässen für 88 Yards an und warf zwei Interceptions.

Belichick - ein Mann der Rekorde

Dass es kaum möglich sein würde, einen ebenbürtigen Nachfolger für Brady zu finden, der 2020 zu den Tampa Bay Buccaneers wechselte und vor knapp einem Jahr seine Karriere beendete, stand fest. Aber dass die Patriots auch drei Jahre nach dem Abgang des Quarterbacks enorme Probleme in der Offensive haben würden, hatte wohl auch Belichick nicht erwartet. Nun wird gemunkelt, dass Offensivkoordinator Bill O'Brien ihn ablösen könnte.

Nach einer Saison zum Vergessen samt Degradierung von Stamm-Quarterback Mac Jones und Germany-Game-Pleite in Frankfurt wird sich die Trainer-Legende mit den Klubbesitzern Robert und Jonathan Kraft laut Insidern an diesem Montag zusammensetzen. "Wir werden über verschiedene Dinge sprechen, wie wir es immer tun", sagte Belichick dazu in seinem Eingangsstatement auf der Pressekonferenz nach der Partie. Er hatte die gesamte Saison über jegliche Gerüchte kommentarlos beiseitegeschoben und seine Arbeit wie gewohnt stoisch fortgesetzt. Besonders dem altehrwürdigen Robert Kraft wird die Entscheidung schwerfallen, ob er sich von der Ikone trennen will, die erst der dritte Coach ist, der seit dem Kauf des Teams im Jahr 1994 für ihn arbeitet.

Belichick ist ein Mann der Rekorde. Mit 333 Siegen ist er nur noch 14 Erfolge davon entfernt, den Rekord des Hall of Fame-Trainers Don Shula von 347 Siegen, einschließlich der Playoffs, zu erreichen. Hinzu kommen 31 Playoffs-Siege in 44 Playoffs-Spielen und neun Super-Bowl-Partien - die höchsten Zahlen für einen Trainer in der Historie.

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Der Coach ist auch ein Mann der Gegensätze. Von vielen nicht gerade geliebt, weil er auch in Interviews stets verbissen, ernst und grimmig rüberkommt. Dafür respektiert und gefürchtet. Ohne große Worte darüber zu verlieren, unternimmt er mit seiner eigenen Stiftung viel humanitäre Hilfe und besucht in der Offseason regelmäßig Gefängnisse, um die Insassen bei der Rehabilitierung zu unterstützen. Dazu outete er sich mal als großer Fan von Sänger Bon Jovi und als Harry-Potter-Nerd.

Eine weitaus weniger schöne Episode war etwa seine Beteiligung am "Spygate": Die Patriots zeichneten in der Saison 2007 unter Belichick die Signale und Ansagen der gegnerischen Trainer während der Spiele auf Video auf, woraufhin die NFL gegen den Cheftrainer eine Geldstrafe in Höhe von 500.000 US-Dollar verhängte (die höchste von der Liga zugelassene Summe und die höchste Geldstrafe, die in der 103-jährigen Geschichte der Liga jemals gegen einen Trainer verhängt wurde).

Nun dürfte ein Ende von Bill Belichick, der vor der Saison einen neuen Vertrag bis 2024 unterzeichnet hatte, rund um die Playoffs zum meistdiskutierten Thema in der NFL werden. Der ehrgeizige Coach würde sich sicherlich lieber anders verabschieden als mit einer mauen Schneegestöber-Pleite. Selbst wenn das Wetter perfekt zur grummeligen Miene passt. Es wäre ein bitteres Ende einer der großartigsten Dynastien im US-Sport aller Zeiten. Und des wohl grimmigsten Mannes in der NFL-Geschichte.

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